Wednesday 19 December 2012

10 Dinge, die Journalisten mit ihrem Smartphone ausprobieren sollten


Fundstück des Tages auf journalist online

Über den Autor

Marcus Bösch arbeitet als Multimediajournalist und Dozent unter anderem für die Deutsche Welle. Er ist Autor des iPad-Buchs "Mobile Reporting" und hat das entsprechende Kapitel im Journalistenlehrbuch Universalcode geschrieben. Bösch betreibt das Blog mobile-journalism.com.

Gut drei Jahre ist es jetzt her. Da hat journalist-Autor Marcus Bösch für tagesschau.de zum ersten Mal mit einem Smartphone von der Bundestagswahl berichtet. Der Multimediajournalist findet, dass es auch für seine Kollegen an der Zeit ist, mehr mit den Handys zu experimentieren.

Der Mensch nutzt nur zehn Prozent seiner Gehirnkapazität. Wahrscheinlich haben Sie diesen Spruch schon mal gehört. Falls nicht, macht das nichts. Denn dieser Spruch ist falsch und wissenschaftlich widerlegt. Allerdings – und da bin ich mir relativ sicher – nutzen Sie als Journalist kaum mehr als zehn Prozent der Möglichkeiten Ihres Smartphones. Wissenschaftlich belegt ist das natürlich nicht. Aber Sie können es jetzt und hier testen. Anbei eine Liste mit zehn Dingen, die Journalisten mit einem handelsüblichen Mobiltelefon mit Internetverbindung mal ausprobieren sollten.

Auf die Schnelle einen O-Ton in die Redaktion schicken

Es musste alles ganz schnell gehen. Jetzt stehen Sie hier. Der Gesprächspartner ist in Sichtweite und kommt näher. Doch: Sie haben das Aufnahmegerät vergessen. Oder der Akku ist leer. Oder das Mikrofon hat einen Wackelkontakt. Es gibt zahllose Gründe, warum Sie das Gespräch jetzt nicht aufzeichnen können. 

Es gibt allerdings auch einen Grund, warum es doch klappt. Schauen Sie in die Hosen- oder Handtasche. Ihr Smartphone ersetzt nämlich nicht nur die Armbanduhr, sondern im Bedarfsfall auch Ihr Aufnahmegerät. Mit etwas Übung und der richtigen App brauchen Sie für die Aufzeichnung des Interviews nicht mehr als Ihr Handy. Vorbei sind die Zeiten, in denen Gesprächspartner irritiert auf unprofessionelles, weil kleines Equipment blickten.

Einfach das eingebaute Mikrofon ausrichten und auf Aufnahme drücken. Mit günstigen Programmen wie iSaidWhat für iPhones oder TapeMachine Recorder für Android-Geräte können Sie nicht nur den Eingangspegel einstellen, sondern auch schnell und einfach passende O-Töne freistellen und via E-Mail direkt an die Redaktion senden. 

Das machen bereits mehr Journalisten, als Sie glauben. Allein Radio Hamburg nimmt angeblich bei 90 Prozent aller Reportereinsätze sendefähiges Audiomaterial mit einem Smartphone auf.

Druckfähige Fotos machen und bearbeiten

Am 17. Februar 2004 veröffentlichte die New York Times auf Seite eins ein recht gewöhnliches Foto. Es zeigt die Unterzeichnung eines Dokuments von Vertretern zweier Telefonanbieter. Das einzig Ungewöhnliche an diesem Bild ist, dass es mit einem Mobiltelefon aufgenommen wurde. Das unspektakuläre Bild gilt als Meilenstein des Mobile Reportings. Auch Pulitzer-Preisträger Damon Winter beweist mit seiner auf dem iPhone aufgenommenen Fotoreportage über das 1. Bataillon der 87. Infanterie der US-Armee im Norden Iraks, dass der Fotograf und eben nicht das Equipment gute Bilder ausmacht. Er gewann 2010 den dritten Platz beim renommierten Pictures-of-the-Year-Wettbewerb. 

Inzwischen spielt es kaum noch eine Rolle, was für ein Gerät Sie benutzen. Entscheidend ist, dass die Qualität für das gewählte Verbreitungsmedium ausreicht. Nach dem Good-Enough-Prinzip reichen Smartphone-Bilder fast immer, wenn die Fotos online erscheinen sollen und es sich nicht um nachdrücklich herangezoomte Ausschnitte handelt. Mit verbesserter Kameratechnik wird es bald auch möglich sein, flächendeckend mit Telefonen druckfähige Bilder anzufertigen. Faszinierend ist die Möglichkeit, Bilder noch auf dem Gerät zu bearbeiten, anzupassen und zu optimieren. Neben Adobe Photoshop Express helfen zahlreiche Apps wie Snapseed, das Optimum aus einem Foto herauszuholen.

Zum Weiterlesen

Ein sendefertiges Radiostück produzieren

Um Radio zu machen, musste ich mir vor 15 Jahren ein kolossal schweres Gerät umhängen, danach in einem laborähnlichen Raum die braunen Tonbänder bis zur richtigen Stelle spulen, auseinander schneiden, beschriften, sortieren und wieder zusammenkleben, damit schließlich in einem Raum voller Maschinen der fertige Beitrag abgefahren werden konnte. Im Frühjahr 2010 habe ich mich im Wohnzimmer auf die Couch gesetzt, in mein Telefon gesprochen, die digitalen Tonspuren auf dem kleinen Bildschirm sortiert und an meinen Arbeitgeber, die Deutsche Welle, geschickt. Dem Sendetechniker habe ich natürlich nicht gesagt, dass ich meine fünfminütige Radiosendung inklusive eingespielter Originaltöne und einem Nachrichtenbett komplett auf einem iPhone 3G mit der damals erhältlichen App Monle produziert habe. An der Qualität des Audios hatte er aber nichts zu bemängeln. Die 107. Ausgabe der Sendung Blogschau ist meines Wissens die erste öffentlich-rechtliche Radiosendung, die nahezu komplett auf einem Telefon produziert wurde. Etwas hakelig ist das alles ganz sicher auf dem kleinen Bildschirm. Und ich würde das auch nie mehr machen, falls ein echtes Studio oder ein etwas größerer Bildschirm bereitstehen. 

Aber es geht. Und es ist sicher in einigen Situationen denkbar und sinnvoll. Eine Mehrspurschnittsoftware für das iPhone bietet zum Beispiel der Hokusai Audio Editor. Audioschnipsel ex- oder importieren lassen sich über die cloudbasierte Dropbox.

Zum Anhören
  • Die Blogschau-Sendung gibt es hier noch mal zum Anhören.

Eine Live-Schalte ins Fernsehstudio übertragen

Nick Garnett arbeitet als Reporter und Moderator für die BBC. Ende September schaltete er live von einem überschwemmten Bowling-Club im Nordosten Großbritanniens ins TV-Nachrichtenstudio der BBC. Daran wäre weiter nichts Ungewöhnliches. Es gehört zum täglichen Geschäft von Live-Reportern, dass sie direkt von unterwegs auf Sendung gehen.

Allerdings verschickte Nick Garnett seine Bilder diesmal mit einem Smartphone. Die Bildqualität ist nicht brillant, aber durchaus sendefähig. Am Anfang der Schalte gibt es zwar eine drei Sekunden lange Pause, aber das kommt auch schon mal vor, wenn Journalisten mit großem Equipment arbeiten. 

Garnett nutzt vor Ort die App Dejero LIVE+, die es ermöglicht, die Bandbreite der SIM-Karte mit einem WLAN zu koppeln. So klappt auch die datenintensive Übertragung von Live-Videos.

Und noch mehr Beispiele

Twittern

"Ich sehe da absolut keinen Wert drin." Gehören Sie zu den Kollegen, die sich Twitter einmal angeschaut haben, um die weitere Auseinandersetzung mit dem Microblog-Dienst dann kopfschüttelnd zu vertagen? Sie sind nicht allein. Zu Ihrer Verteidigung sei gesagt: Es gibt auch kaum eine Social-Media-Seite im gesamten Internet, die einen so schlechten ersten Eindruck macht wie Twitter. Einzig – wer sich über das Inhaltsleere und nutzlose Geschnatter aufregt, ist selbst Schuld daran und nutzt den Dienst nicht richtig. Denn Twitter funktioniert nur, wenn man Menschen oder Accounts folgt, die es einem wert sind. 

Wenn man als Journalist nicht gleich aufgibt und sich ein eigenes Kontaktnetz aufbaut, dann will man Twitter nicht mehr missen. Vor allem auf dem mobilen Endgerät, denn da kann Twitter zum täglichen Begleiter werden. 

Zum Weiterlesen
  • Der US-amerikanische Journalist und Dozent Steve Buttry listet in einem Posting zehn schlagkräftige Gründe für die Twitter-Nutzung von Journalisten auf. Neben exklusiven Quellen bei Breaking News, Follower-gestützten Recherchen und neuen Storyideen, spare Twitter Zeit und Ressourcen und biete eine exzellente Umgebung, um Inhalte zu teilen und weiterzuverbreiten.

Eine eigene Infozentrale anlegen

Bekommen Sie Ihre Nachrichten im Büro aus dem Agenturticker? Nun gut. Sie können zahlreiche Agenturen auch kostenlos direkt auf dem Telefon nutzen und unterwegs durchschauen. Sinnvoller ist aber sicherlich ein direkter und individueller Informationsmix aus mehreren Quellen. Ich empfehle dazu Apps wie Flipboard oder Feedly – Google Reader RSS

Bei Feedly handelt es sich um einen sogenannten Feedreader. Sie können sich interessante Quellen zusammenstellen, diese sortieren und automatisiert auf dem Gerät zusammenlaufen lassen. Die schlichte und schöne Benutzeroberfläche erlaubt es, Inhalte zu sortieren, zu markieren und direkt weiterzuverteilen. 

Flipboard bietet darüber hinaus die Möglichkeit, Dienste wie Twitter, Instagram, Videos von YouTube und Audios von Soundcloud zu abonnieren. Flipboard funktioniert also nicht nur als multimediale, soziale Nachrichtenzeitschrift, sondern lässt sich auch zum Publizieren nutzen. Vielleicht versenden Sie aber auch nur eine Empfehlung per E-Mail. Zum Beispiel einen Themenvorschlag direkt in die Redaktion.

Multimediale Inhalte publizieren

Es war noch nie so einfach, Audios, Videos, Texte und Bilder zu publizieren. Eine der einfachsten Lösungen bietet derzeit der kostenlose Bloggingdienst Tumblr. Um einen neuen Blog bei Tumblr anzulegen, benötigen Sie lediglich eine E-Mail-Adresse und eine Idee für einen Namen. Falls dieser noch nicht vergeben ist, finden Sie unmittelbar nach der Anmeldung ihre eigene Seite unter der Adresse Wunschname.tumblr.com. Dank der sehr schlichten, aber mächtigen App (verfügbar für iPhone und Android) können Sie direkt Texte, Fotos, Links und Videos publizieren. Das ist genauso einfach, wie es klingt. Neben der Publikation dient Tumblr auch als soziales Netzwerk: Sie können Freunden oder Bekannten bei Tumblr folgen und deren Einträge "liken" und – mit oder ohne Kommentar – weiterverbreiten. Neben mehr als 70 Millionen Privatnutzern haben auch zahlreiche Medienanbieter Tumblr entdeckt. 

Redakionen bei Tumblr
  • Ende September hat die Redaktion von Zeit Online einen eigenen Tumblr-Blog gestartet. Hier geht's zum Blog und hier erklärt die Redaktion, was sie da eigentlich tut.
  • Im Oktober hat die Süddeutsche Zeitung den Tumblr-Blog Gefällt mir zum Phänomen Internet-Mem gestartet. Wieso? Weshalb? Warum? Erklärt Dirk von Gehlen hier.

Mal auf Geolokalisierung machen

Mein Telefon weiß, wo ich bin. Das kann man gut oder schlecht finden. Ändern kann man es nicht, denn sobald sich das Telefon via Sendemast einwählt, werde ich lokalisiert. Wozu man das nutzen kann, zeigt Zeit Online. Die Redaktion hat die Handydaten des Grünen-Politikers Malte Spitz in einer interaktiven Grafik visualisiert. Journalistisch nutzen kann man solche Geolokalisierungsdaten aber auch anders. 

Foursquare etwa ermöglicht es, sich an bestimmten Orten aktiv "einzuchecken". Warum ich das als Journalist machen sollte? Zum Beispiel um eine interaktive Reisereportage umzusetzen. Versehen mit kurzen Kommentaren und Fotos kann ich einen Städtetrip via Foursquare auf eine Karte bringen. Reisende können dann zu Hause oder bei Bedarf auch direkt vor Ort meine Anmerkungen lesen. 

Und bei der nächsten Reportagereise bin ich bestens ausgestattet. Die Explore-Funktion ermöglicht es, meine Umgebung nach Empfehlungen abzusuchen. Das macht das Leben des Reporters leichter, wenn er in einer fremden Umgebung schnell relevante Informationen, Ansprechpartner oder einfach nur ein gutes Lokal finden will. 

Und noch was zum Weiterlesen
  • Was Journalisten sonst noch von Foursquare haben, habe ich hier aufgeschrieben.

In die Luft gehen

Zugegeben, für Punkt neun brauchen Sie neben Ihrem Telefon noch weiteres Equipment. Und zwar einen Quadrocopter, eine Drohne aus dem Elektrofachhandel für rund 300 Euro. Das Gerät können Sie mit Ihrem Telefon in die Luft bringen, steuern und wieder landen. Warum das für Sie als Journalist interessant sein könnte? Nun, bereits die handelsübliche Drohne namens A.R.Drone hat eine eingebaute Kamera, die Bilder und Videos in hoher Qualität produziert. Die Drohne sendet sie live auf Ihr Smartphone – und Sie können die Bilder direkt nach der Landung auf dem Handy weiterverarbeiten. 

Einsatz finden könnte ein solches Szenario etwa nach einer Flut oder dem Zusammensturz eines Gebäudes. Also immer dann, wenn Journalisten mit ihrer üblichen Kamera nicht weiterkommen. Noch sind die Referenzbeispiele des sogenannten Drohnenjournalismus an zwei Händen abzuzählen, aber am Drone Journalism Lab der University of Nebraska in den USA forscht man hierzu. So könnten mit Sensoren bestückte Drohnen künftig Krisengebiete überfliegen. In Fukushima hätte man unmittelbar Karten mit gefährdeten Gebieten anfertigen können. Der Journalist Tim Pool hat die Occupy-Proteste mit seinem Telefon nicht nur live ins Netz gestreamt, sondern aus New York auch Bilder mit seiner Drohne geliefert. Er wollte zeigen, was die Massenmedien nicht liefern konnten. 

Und noch viel mehr zum Thema ...

Bonusaufgabe für Nerds

Sie haben die ersten neun Tipps überflogen, den Kopf geschüttelt und sich gelangweilt? Sie kennen das alles schon? Sie können das alles schon? Dann kommt hier Ihre Bonusaufgabe: Eifern Sie Matthew Haughey nach. Der ist Blogger und international anerkannter Nerd. Im Sommer 2012 hat Matt in einem Hotel übernachtet und sich über das nicht funktionierende Hotel-WLAN geärgert. Repariert hat er es dann mit seinem iPhone. Die Kurzzusammenfassung passte in einen Twitter-Post: "Hotel internet down. I scanned the network, found wifi router running port 80, logged in as admin/admin, rebooted, fixed. All on my iPhone."

Alle anderen können und sollen ihr Telefon natürlich auch weiter zum Telefonieren benutzen. Das kann man mit Smartphones nämlich auch.

Rádio Expres feat. Ego & Robert Burian: Vianoce sú zas


The team of Slovakian Rádio Expres has proved once more its creativity and passion: Their Christmas remake of a famous Slovakian summer hit with Robert Burian has made more than 170 000 views in the first 24 hours and has become #30 of the most popular videos around the web! Watch it here:



And here is the original summer Ibiza hit: